Ein kleines Kompliment
Glück ist ja bekanntermaßen eines der wenigen Dinge (wenn man da von Dingen reden kann), das sich verdoppelt, wenn man es teilt. Und wie einfach das manchmal geht, kann man sehr schön am Beispiel des Kompliments verdeutlichen. Ein ernsthaft gemeintes Kompliment kann eine großartige Wirkung entfalten. Wichtig dabei ist, dass es wirklich von Herzen kommt, insofern stimme ich dem Lastwagen-Konzept des Bildes nicht voll zu 😉.
Bevor ich wieder mal zu einem Versuchskaninchenbeispiel komme, möchte ich kurz die Wirkungsweise von Komplimenten erklären – und damit auch den Eltern unter Euch die Wirkungsweise von Computerspielen.
Wenn uns etwas positives wiederfährt, wie z.B. ein schönes Kompliment zu erhalten, dann schüttet unser Körper Dopamin aus, was uns sehr glücklich macht. Schade dabei ist nur, dass wir (zumindest für das Wohlbefinden unseres Körpers) eigentlich nie genug Lob und Komplimente erhalten.
Im Leistungssport gibt es bei Trainern z.B. die Faustformel Lob und Kritik im Verhältnis von 5:1, aber wo passiert das in der Praxis?
Wenn wir uns mal überlegen, wie oft wir loben oder gelobt werden, dann ist das über den Tag verteilt leider meist viel zu wenig. Ein Chef, Lebenspartner, Kind, Elternteil, Freund, Mannschaftskollege oder wer auch immer lobt eben nicht dauernd. Und gerade wir Deutschen weisen ja lieber erstmal drauf hin, was gerade nicht so gut läuft, als mal eine gute Leistung (es muss ja nicht immer eine sehr gute sein) ausreichend zu würdigen.
Und genau dort fängt der Siegeszug von Fortnite, WoW und Co. an. In diesen sog. MMORPGs (also eine Art Endlosspiel) bekomme ich andauernd Lob und Belohnungen. Wenn ich ein Level, eine Mission, eine bestimmte Aufgabe, einen Kill oder was auch immer schaffe, bekomme ich aus dem Spiel eine kleine Belohnung. Das kann mal ein Levelaufstieg sein, mal eine virtuelle Waffe, virtuelles Geld, Ausrüstung etc.. Und bei jeder dieser kleinen Belohnungen denkt sich unser Gehirn: gut gemacht, weiter so.
Das funktioniert übrigens nicht nur bei diesen Spielen so, sondern ist auch die Wirkungsweise bei „uns Alten“, wenn wir auf dem Handy Candy Crush o.ä. spielen. Wir sind dankbar für kleine Belohnungen. Das Spiel, das ich auf dem Handy spiele, sagt mir nach jedem geschafften Level „gut gemacht“, dabei wäre das doch viel schöner, wenn ich dieses Lob aus dem Umfeld bekommen würde, oder?
Nun zur praktischen Anwendung. Als ich als Glückscoach auf einem Kreuzfahrtschiff anheuern durfte, habe ich im Rahmen eines Workshops verschiedene Aufgaben zur Auswahl gestellt. Ein junger Mann so Mitte 20 hat sich die Aufgabe „Machen Sie einem fremden Menschen ein Kompliment“ ausgesucht. In der anschließenden Feedbackrunde gab er zu, dass er ganz schön Muffensausen hatte, aber sich dann schließlich an Bord des Schiffes im Fahrstuhl an eine ältere Dame am Rollator wandte und ihr sagte, dass er ihre Halskette außergewöhnlich schön findet. Er war vom Ergebnis und der Wirkung dieses wirklich kleinen Kompliments tief beeindruckt.
Diese Kette war das Geschenk ihres Mannes, der ihr auch noch die passenden Ohrringe geschenkt hatte, die sie auch freudstrahlend zeigte. Überhaupt strahlte sie wohl unwahrscheinlich und war in diesem Moment so richtig glücklich. Als er dann ausstieg, rollte sie mit dem Rollator hinter ihm her und erzählte ihm noch diverse andere schöne Geschichten zu der Kette und sich und ihrem Mann. Zusammenfassend ein kleines Kompliment mit großer Wirkung!
Das wollte ich natürlich auch selbst testen. Und nichts einfacher als das, denn meine liebste OBI-Verkäuferin, deren Namen ich nicht mal kenne, hat mir als Anti-Handwerker in so mancher unwissenden Stunde wirklich geholfen. Und obwohl ich keine Ahnung habe, hat sie mir nie das Gefühl vermittelt und dafür war und bin ich ihr sehr dankbar.
Da ich während dieser komischen Virus-Phase recht regelmäßig im Baumarkt meines Vertrauens war, wusste ich immer, an wen ich mich wenden konnte. Bei einem meiner letzten Besuche, nach einer weiteren fachkundigen Farbenberatung, habe ich ihr gesagt, dass sie meine liebste Baumarktverkäuferin ist, sie meiner Meinung nach ihren Job ganz toll macht und ihr Chef sich glücklich schätzen kann, so eine tolle Mitarbeiterin zu haben. Sie hat dann fast geheult und ihren Kollegen herbeigerufen, dem ich das nochmal erzählen sollte, weil sie so glücklich ist. War schon komisch, aber fühlt sich danach für alle toll an.
Leider sind wir es nicht mehr gewöhnt, regelmäßig kleine Komplimente an unsere Mitmenschen zu verteilen, denn dafür müssen wir raus aus unserer Komfortzone. Aber besondere Dinge passieren eben auch nicht in unserer Komfortzone.
Auch bei Komplimenten und Lob macht Übung den Meister. Probiert es doch selbst mal aus und lasst Euch von der Wirkung überraschen. Ich wünsche Euch dabei viel Spaß und Erfolg.