Der schnöde Mammon
Macht Geld denn nun Glücklich, oder nicht? Wie immer beim Thema Glück und Glücklich sein muss das jeder letztlich für sich selbst entscheiden.
Allerdings spricht der aktuelle Stand der Wissenschaft eine sehr deutliche Sprache. Geld macht nicht glücklich, mit einer Ausnahme: Wenn mir Geld dabei hilft, meine Ernährung zu sichern, macht Geld glücklich. Aber sonst eben nicht. Und Hand auf´s Herz, wer von uns musste sich denn wann das letzte Mal ernsthaft aus finanziellen Überlegungen Sorgen um seine nächsten Mahlzeiten machen? Bei vielen von uns ist doch eher so, dass wir für Fastenkuren o.ä. Geld ausgeben, also genau umgekehrt.
Selbst Lottogewinner sind nur kurz nach der erfreulichen Nachricht glücklicher als vorher, nach einiger Zeit aber genauso glücklich oder unglücklich wie vorher. Das liegt daran, dass wir so eine Art eingebauten Glücksthermostat ins uns haben (die Wissenschaft sagt dazu „vererbte Bandbreite erreichbaren Glücks“). Dieser Thermostat wird nach dem Gewinn kurz wärmer, aber danach wieder genauso wie vorher. Daran können wir leider nichts ändern. (Und ausprobieren konnte ich es leider bisher noch nicht.)
Wir bemerken die Auswirkungen finanzieller Sorgenfreiheit auch konkret an unserer Gefühlslage, wenn wir uns z.B. einen neuen Fernseher kaufen. Erst freuen wir uns riesig, weil das neue Teil natürlich größer und schöner und HD/4K/UHD oder was auch immer ist, aber spätestens wenn die neue Kiste ein paar Wochen hängt, denken wir, „na kleiner hätte das Ding aber auch nicht sein dürfen“. Materielle Dinge machen uns eben nicht auf Dauer glücklich.
Anders verhält es sich, wenn wir für etwas eine besondere Anstrengung unternommen haben. Ich z.B. habe vor ca. drei Jahren zusammen mit meinem großartigen Nachbarn eine Wasserleitung in mein kleines Gewächshaus gelegt. Dazu musste ich überwiegend auf dem Bauch liegend einen Kanal von Punkt A nach B graben, mind. 60cm tief. Meine Hände waren jeden Tag verkrampft, ich war abends immer total geschafft und nach ca. sieben Tagen war es vollbracht. Ich freue mich immer noch jedes Mal, wenn ich den Hahn aufdrehe und da gesammeltes Regenwasser rauskommt, weil ich weiß, wieviel Schweiß und Blut ich dafür investiert habe.
Damit wären wir dann wieder beim Thema des Selbstausprobierens. Als ich mich entschlossen habe, meine Agenturtätigkeit zu beenden, war das für mich und meine Familie ein großer und für uns nicht komplett zu überblickender Schritt. Runtergebrochen war es für mich aber ein einfacher Tausch. Geld gegen Zeit. Und diesen Tausch möchte ich niemals missen.
Natürlich müssen wir uns jetzt ein bisschen mehr einschränken als vorher. Wir fahren nicht mehr so edel in den Urlaub, gehen nur noch sehr selten Essen und mein letztes Auto hat 300 € gekostet (das hat bei meiner letzten Leasing-Rückgabe auch der Kratzer an einer Felge gekostet). Aber das ist ja Leid auf hohem Niveau. All diese Dinge ändern ja nichts an meinem Leben, daher für mich unwichtig.
Sehr wichtig hingegen war für mich eine Zufallsbegegnung als ich mit der Bahn zu meinem ersten Glücksvortrag gefahren bin. Da saß in meinem Abteil ein sehr netter Mann so Mitte 50. Wir unterhielten uns über unsere Lebensweisen und er sagte mir einen Satz, der mir immer noch im Gedächtnis ist. Er hat als Architekt immer sehr viel gearbeitet und es damit durchaus zu Wohlstand gebracht, doch wenn er könnte, würde er alles anders machen. Sein einziger Sohn ist jetzt Mitte 20 und ausgezogen. Leider hat er kaum eine Bindung zu seinem Vater aufgebaut und seine Begründung war so wahr wie bitter: „Ich kenne dich ja kaum, nur deinen Rücken, denn den habe ich immer gesehen, wenn du an deinem Laptop gesessen hast.“
Darum bin ich jetzt so unendlich dankbar, dass ich soviel Zeit mit meiner Frau, meinen beiden Kindern und meinem Hund verbringen darf, denn ich weiß, der Tag an dem die Jungs ihre komplett eigenen Wege gehen, ist nicht mehr fern. Aber auch dann werden wir eine gute Beziehung zu einander haben, denn wir haben viel gemeinsam erlebt und wissen, dass wir uns aufeinander verlassen können und das ist mir viel mehr wert als der tollste Urlaub und das schönste Auto.