Der Endgegner
Im Leben ist es ja häufig so wie in der Fußballbundesliga. Wenn es richtig rund läuft, gewinnt man ohnehin seine Spiele und hat unheimlichen Spaß dabei, egal ob als Fan oder als Spieler.
Aber wie fühlt man sich gut, wenn es mal nicht so gut läuft? Und das passiert mir als Glückscoach natürlich auch immer mal wieder und auch ich muss mich darauf besinnen, wie ich mit der Situation in einer Phase umgehe, in der Sachen leider nicht so laufen, wie ich sie mir gewünscht habe.
Gestern habe ich mich unfreiwillig einer solchen Herausforderung gestellt und mir dazu gleich den Endgegner des Glücks und der guten Laune gesucht: die Support-Hotline bzw. den Chat der Telekom. Aber der Reihe nach.
Unser WLAN unterbricht immer wieder und das ist auf Dauer echt nervig. Daher hatte ich vor ca. drei Wochen beschlossen, der Sache mal auf den Grund zu gehen. Nach dem ersten Anruf bei der Telekom (und der damit verbundenen Wartezeit online im Chat und dann am Telefon) und dem Durchmessen der Leitung sagte mir der sehr freundliche Mitarbeiter im Chat, dass mein Router wohl nicht mehr störungsfrei arbeitet. Er bot mir daraufhin ganz unkompliziert an, meinen Router auszutauschen und mir kostenlos einen aktuellen Router zuzuschicken. Das fand ich sehr kunden- und lösungsorientiert und habe mich sehr bedankt und gefreut. Das ging ja viel einfacher als gedacht.
Dachte ich. Nach über einer Woche war immer noch kein Router da. Also gleiches Spiel, neuer Ansprechpartner. Mir wurde gesagt, dass der Router zwar im ersten Anlauf bestellt wurde, aber der Auftrag vor dem Versand gelöscht wurde. Aber beim zweiten Versuch würde es besser werden. Jetzt sei der Router wirklich bestellt.
Wieder eine Woche später (und natürlich immer noch ohne neuen Router) wurde mir dann im Chat (nach insgesamt über einer Stunde Wartezeit und den Mitarbeitern 3-6) mitgeteilt, dass ich keinen neuen Router (zumindest nicht umsonst) bekommen würde, weil ich ja gar keinen Router der Telekom habe. Der Hinweis auf das Gerät, das bei mir im Keller steht und auf dem Telekom steht, verpuffte leider wirkungslos. Aber man könne mir ein gutes Angebot machen. Für nur 159 € könne ich einen neuen Router kaufen. Da erschien mir die “geschenkt“-Option natürlich viel besser und vor allem fand ich es relativ frech, dass das downgrade von umsonst zu 25 € teurer als bei Amazon ging.
Ich war also wirklich angefressen und empfand das nicht als ein korrektes Verhalten der Mitarbeiter der Telekom. Einer von denen wurde auch noch richtig zickig und hat sich mehrmals auch ziemlich in der Wortwahl vergriffen. Aber sei es drum. Für mich stellte sich die Frage, wie gehe ich als Glückscoach mit einer solchen Situation um, bzw. was würde ich meinen Zuhörern empfehlen, denn wenn wir ehrlich sind, passieren solche Dinge doch immer mal wieder. Uns allen.
Daher habe ich mir selber empfohlen, nicht zu viele negative Emotionen zuzulassen (Stichwort Neuroplastizität) und die Wichtigkeit dieses Vorgangs richtig einzuordnen (meine Zuhörer werden wissen: es ist nur Sand und eigentlich hat sich in meinem Leben ja gar nichts geändert, denn ich habe immer noch den gleichen alten Router und habe eben nur ein paar Telefonate und Chats geführt, die ziemlich wirkungslos waren). Dann fragte ich mich, ob ich das jetzt einfach so laufen lasse und mich nicht mehr drüber ärgere, oder ob ich doch (allerdings mit positiven Emotionen) für mein zumindest so empfundenes Recht kämpfen sollte.
Ich entschied mich für Variante 2, denn ich mag keine Ungerechtigkeiten. Aber wie bekomme ich das für mich in ein positives Licht gerückt? Als erstes habe ich für mich entschieden, dass ich sehr dankbar dafür sein darf, dass ich mir nicht den ganzen Tag die Beschwerden von mehr oder weniger unfreundlichen Kunden anhören darf, sondern mich mit viel angenehmeren Themen wie Glück und Glücklichsein beschäftigen darf. Der Vergleich mit anderen hilft häufig bei der richtigen Einordnung der eigenen Themen.
Die Mitarbeiter der Telekom können ja auch nichts für die Struktur, Schwerfälligkeit und Vorgaben eines Riesenkonzerns. Damit ging es mir schon ein bisschen besser. Und in dieser dann schon etwas beschwingteren Stimmung schrieb ich deine eine sehr freundliche, leicht aufmüpfige und hoffentlich etwas humorvolle Beschwerdemail im offiziellen Beschwerdeformular (darin war ich geübt, schließlich hatte DHL vor drei Monaten ein versichertes Paket verschlampt und mir monatelang erzählt, dass doch alles gut gelaufen ist, bis auf, dass das Paket nie angekommen ist).
Und siehe da (Stichwort Glückspilze geben sehr spät oder nie auf), ca. 30 Minuten nach Verfassen der Beschwerdemail rief eine sehr freundliche Kollegin aus der Vorstandsabteilung Beschwerdemanagement an und erläuterte mir sehr höflich und sachlich, wie sich der Sachverhalt aus ihrer Sicht darstellt. Konnte ich verstehen, meine Sicht war aber trotzdem eine andere.
Und dann kam sie auch endlich mit einem kulanten Vorschlag, der mich immer noch Geld kostet, aber deutlich günstiger ist und mir damit eine gute Lösung verschafft.
Und schon war ich wieder richtig glücklich, weil ich
a) auf dem unerfreulichen Weg zur Lösung nicht zu negativ war und
b) ich ein Ergebnis erzielt habe, dass für beide Parteien vollkommen in Ordnung ist.
Und zu guter Letzt hat es die letzte Kollegin der Telekom auch geschafft, dass ich die Telekom wieder ein kleines bisschen liebhabe, ist ja auch nicht immer so, wenn man sich mit dem Endgegner anlegt.